LEBENDIG PLATT

Zehn Filme zur Weiterbelebung des Plattdeutschen im Münsterland

von Stefan Demming

LEBENDIG PLATT ist ein Projekt, das die ursprüngliche Sprache dieser Region, das „Platt“, mit Hilfe von neuen Medien erkunden und als gesprochene Sprache ‚lebendig‘ erhalten möchte. Dafür sollen in Kooperation mit interessierten Heimatvereinen und Einzelpersonen im Münsterland zehn kurze Filme auf Platt produziert werden.

Die Filme von je 2 bis 15 Minuten in verdichteter (montierter) Form werden mit (hoch)deutschen Untertiteln versehen und auf verschiedene Art und Weise präsentiert: als Vorführung auf Versammlungen und Festen, als Endlosschleife an öffentlichen Orten oder in (leerstehenden) Läden, aber auch im Internet. Postkarten und Plakate auf Platt werben im Öffentlichen Raum für entsprechende Veranstaltungen. Am Ende erscheint eine DVD mit allen erstellten Beiträgen, die gemeinsam auch als Episodenfilm abgespielt werden können.

Plattdeutsch war früher weit verbreitet aber heute gibt es nur noch wenige, vorwiegend ältere Menschen, die muttersprachlich Platt sprechen. Da viele Münsterländer – besonders auf dem Land – früher häufig Platt gehört haben, können es jedoch auch viele junge Menschen noch verstehen. Die meisten freuen sich, wenn sie Platt hören, wegen des Klangs oder auch wegen der Erinnerung. Die Gelegenheiten, Platt zu hören werden allerdings seltener. In den siebziger Jahren empfahlen Lehrer den Eltern, mit ihren Kindern Hochdeutsch zu sprechen, damit diese in der Schule nicht verlacht und benachteiligt wurden, wenn sie anfangs nur Platt sprechen konnten. Diese Meinung ist leider noch weit verbreitet obwohl es mittlerweile als erwiesen gilt, dass frühe Zweisprachigkeit späteres Fremdsprachenlernen vereinfacht.

Heute sind selbst am westlichsten Rand des Münsterlandes im Kreis Borken nur noch ca 15% Plattsprecher übrig – zu wenig, als das sich die Sprache über Generationen selbst lebendig erhält. Dies gilt in etwa gleichermassen für Sand- als auch für Kleiplatt. Zwar gibt es Platt-Vorlesewettbewerbe an Schulen, aber die Chancen für den Erhalt einer lebendigen Pflege dieses regional variierenden und doch für das Münsterland noch originalen kulturellen Erbes stehen leider insgesamt schlecht.

„Lebendig Platt“ will die Sprache durch persönlichen Begegnungen und inszenierte Geschichten in ihrer aktuelle Lebendigkeit dokumentieren, so dass sie auch von Menschen, die nicht Platt sprechen, erfahren werden kann.

Ein Video enthält dabei nicht nur die Sprachmelodie sondern bietet gegenüber einem Gespräch sogar den Vorteil, dass es parallel die hochdeutsche Übersetzung als Untertitel bereitstellt. So können Vokabel- oder Sinnlücken überbrückt und Aussprachen gegebenenfalls noch einmal angehört werden, was Videos zu einem idealen Lernmedium macht. Der Inhalt der Videos bietet zudem Einblicke in verschiedene Lebensbereiche und stellt verschiedenste Aspekte des Münsterlandes und ihrer Bewohner vor. Es soll besonders auch versucht werden, mit dem Projekt auch jüngere Generationen für das Platt zu begeistern.

Konkret werden Begegnungen mit Münsterländer „Originalen“ und ihren Geschichten gesucht, die als liebevolle Wertschätzungen der „kleinen Leute“ zB als Portraitfilm in einer authentischen und ästhetisch ansprechenden Weise aufbereitet werden. Das berührt den Heimatbegriff der Menschen in der Region auch über die Heimatvereine hinaus.

Einige Filme können aus Interviews über besondere Bräuche, Ereignisse oder auch historische Momente im Münsterland entstehen. Auch die Grenze und die Beziehungen zu den Niederländern könnte ein Thema in Kooperation mit dem Heimatverein Oeding sein, wo gerade das 250jährige Bestehen der Grenze gefeiert wird. Auch Platt-Lesewettbewerbe oder Schulprojekte können Ausgangspunkte für ein Video sein.

Neben den dokumentarisch-erzählerischen Formaten soll es auch einige fiktive und inszenierte Clips geben. Gemeinsam mit Theater-Laiengruppen können Szenen aus plattdeutsche Aufführungen für die Kamera filmisch inszeniert werden.

Ein ungewöhnliches Projekt gibt es in Erle, wo aus einem Kurs von Ingrid Hastmann Jugendliche auf Platt rappen können – das sind beste Vorraussetzungen für einen zukünftigen regionalen Youtube-hit!

Selbst experimentelle Videos wie kurze, auf Platt synchronisierte Filmklassiker und auch Nachrichten auf Platt führen die plattdeutsche Sprache der Region in die medialisierte Gesellschaft ein.

Videos können generell auf Sand- oder Kleiplatt produziert werden.

Gemeinsam ist allen Filmen, die Plattdeutsche Sprache und ihren Klang als wesentlichen Teil des kulturellen Erbes des Münsterlandes erhalten zu wollen, indem sie öffentlich hör- und erfahrbar gemacht wird. Über die Kreisheimatpflege besteht der Kontakte zu Heimatvereinen, die sich selbst mit Interesse und Themen im gewünschten Maße einbringen können. Federführend bei Organisation und Produktion bleibt der Autor, für den Kooperationen und die Wünsche von Partnern jedoch wichtig sind und berücksichtigt werden.